Winterreise 25/26 (1)

Salto de Roldán

Augsburg 543. Tag im Wohnmobil. Alle Zeichen stehen auf Herbst. Eigentlich ganz nett anzusehen, aber „eigentlich“ ist eben ein Sche**wort! Nach dem Herbst wird Winter kommen und das sind nun mal 7 Monate Rheuma, Menschen die so wichtig sind, dass sie auch noch mit 40 Grad und triefender Nase in jede Besprechung kommen. Der Winter ist die Jahreszeit, in der du überlegst, ob deine Nachbarn noch am Leben sind, weil sich alle nur in ihre Bunker verkriechen und der Winter ist die Jahreszeit, die eigentlich für die Ruhe reserviert wäre, wenn da nicht… Eben „Eigentlich“ ist eben ein Sch**wort – zur Weihnachtszeit bürgerkriegsähnliche Zustände in den Innenstädten ausbrechen würden.  Ausbrechen! Genau das ist das Stichwort! Frei sein von Enge, Zwängen und der kalten Hand des Winters in Deutschland. Projekte, die man für den Sommer geplant hatte, müssen zum Abschluss kommen. Gedanklich trennt man sich von Menschen, die sich einfach nicht mehr gemeldet haben. Es scheint als wär es ein Phänomen der jetzigen Gesellschaft. Man beendet eine Beziehung zu jemandem, indem man die Person einfach zur Seite legt und nie mehr wieder hervorholt. Einfach, praktisch und effektiv. Mache ich mit meinen Steuerunterlagen des vergangenen Jahres auch so.  Die Reisevorbereitungen und Planungen verdichten und konkretisieren sich. Bald gehts wieder los! Geplant ist der 20.9.25. Die passende Bettwäsche ist aufgezogen, meine Mutter strickt mir noch Socken für die kalten Nächte im Bulli. Man glaubt nicht, wie wertvoll solche Socken sein können, wenn man nachts bei -5 Grad in den spanischen Bergen im Auto übernachtet. Nie die Bodenhaftung verlieren! Das ganze „faule Pack“ (ist satirisch gemeint) von Vanlifern, Influenzern und sonstigen „tollen“ Medienmachern sollte nie vergessen, dass sie ihr Leben nie so führen könnten, wenn da nicht andere hart arbeiten würden. Tagtäglich nützen wir die Infrastruktur und die Dienstleistungen der Orte, an denen wir gerade sind. Wir verlassen uns auf Busfahrer, Personal in Krankenhäusern, Geschäften, bei der Polizei oder Feuerwehr. Während des Vanlife verliert man schnell die Bodenhaftung zu den „normalen“ Dingen des Alltags. Auch aus diesem Grund habe ich in den Sommerferien einen meiner früheren Jobs wieder ausprobiert und bin 7 Wochen Stadtbus im Schichtdienst gefahren. Somit habe ich auch mitgeholfen, ein paar Menschen, die das ganze Jahr performen, den Urlaub zu ermöglichen. Die Gesellschaft schaut nur auf die Stars und Sternchen, die glänzend am Himmel schweben. Oft (nicht immer) Blutsauger und Schmarotzer der Allgemeinheit.  Bitte einmal am Tag eine Gedenkminute einlegen für die Menschen, die täglich irgendwo arbeiten und wichtige Zahnräder im großen Getriebe sind. Und man kann auch mal Danke sagen! Danke liebe Kassiererin, danke lieber Straßenkehrer, danke lieber Straßenarbeiter, danke lieber Busfahrer!  Die Winterfahrt 25/26 ging eigentlich schon eine Nacht vor der Abfahrt los. Unter großem Applaus und inmitten einer Mega-Party verabschiedeten wir einen der bekanntesten lokalen Kulturschaffenden Madhouse-Wolfi Honrath in den Ruhestand. In seinem frisch ausgebautem Postbus wird er ab jetzt die Camper-Szene bereichern und hoffentlich viele coole Touren, im neuen Ruhestandsleben, machen. Nach der Party und dem Ausschlafen gings für mich Richtung Süden. Diesmal über Luzern. Das Wetter hat mir einen Strich durch meine Planung gemacht. Der Schnee am Furkapass und am Rhonegletscher hat mich die Abkürzung nach Genf nehmen lassen. Sie so: „Wieso hast du denn so einen kleinen Camper?“ Ich:  572. Tag im Postauto: Anwandern in diesem Winter. Ja, etwas ungewöhnlich, dass man im Herbst mit Wandern beginnt, aber im Sommer komme ich nicht dazu. Letzten Winter in Spanien habe ich viele Wanderungen gemacht. Von Januar bis März über 30 Touren, im Sommer in Mitteleuropa habe ich fast gar keine gemacht. Die ersten Meter waren heute sehr hart. Meine Muskeln und mein Knie haben richtig randaliert und mussten erstmal überzeugt werden. Der Pont d’Arc an der Ardeche stand schon lange auf meiner Liste. Heute habe ich eine kleine Wanderung dort gemacht. Eine Tour für morgen habe ich schon herausgesucht. Mein Plan ist, mich langsam in Richtung der Pyrenäen zu bewegen.  Cirque de Navacelles: Die Anfahrt war schon sehenswert. Bei Gegenverkehr bleibt einer stehen und der andere schleicht dran vorbei. Wenn man 1. den Gegenverkehr sieht und wenn 2. der Gegenverkehr nicht der Gasflaschen-Lkw auf Liefertour ist. Der Kessel selber ist Welterbe und bietet viele schöne Wanderungen. Auf beiden Seiten des Kessels gibt es Aussichtspunkte, die man unbedingt besuchen sollte! Lac du Salagou: Dieser See ist farblich und landschaftlich spannend. Die charakteristische rote Erde, auch „Ruffe“ genannt, und die offene Landschaft ohne erkennbare Wege, verleiht der ganzen Umgebung etwas marsartiges.  Der Cirque de Mourèze ist ein auffallend schöner Geopark, den ich auch schon länger auf meiner Liste hatte. Eine schöne Wanderung mit fast 400 hm war genau richtig für mein Wandertraining.  Vor Carcasonne hatte ich ein wenig Bammel, weil ich Menschenmassen und Kampf um den Parkplatz nimmer ausstehen kann. Um so schlimmer war die Vorstellung, dass mich mein Weg an einem Sonntag da hin führen soll.  Die Lösung war aber ganz simpel. 10 Minuten nach Sonnenaufgang war am fast leeren Parkplatz, spazierte dann 2 Std. durch eine fast völlig ausgestorbene Altstadt und mit dem Eintrudeln von asiatischen Reisegruppen habe ich mich leise wieder aus dem Staub gemacht. In der Tasche viele Fotos der Stadt ohne, auch nur eine Person. Carcasonne Carcasonne Carcasonne Durch die Pyrenäen auf der Route de la Liberté erinnert an eine bedeutende Flüchtlingsroute. Menschen sind vor den Nazis in die Freiheit geflohen.  Zuerst vor den Spanischen, dann vor den Deutschen.  Eine Frage drängt sich auf: Wann laufen hier wieder Menschen und in welche Richtung?   Sehr gespannt war ich darauf, wie sich mein Spanisch lernen vom Sommer in der Praxis bewährt. Hab heute auch gleich richtig losgelegt und was soll ich sagen. Es war etwas chaotisch, aber es endete mit vielen wertvollen Informationen über Stellplätze, zwei neuen Freunden, einer Dose des besten Bieres der Erde und der Erkenntnis, dass ich jetzt befähigt bin, mein Leben hier in Spanisch zu bestreiten. SALUT!   Meine 4. Wanderung ging durch die Schlucht „congost de Mont-rebei“ Ein echter Knaller auf den ich mich seit Monaten gefreut habe. Ich bin nicht enttäuscht worden. Wenn man grade glaubt, dass man

Du hast noch Tipps für Wohnmobil, Camper, Vanlifer oder sehenswerte Orte in dieser Region? Oder vielleicht eigene Erlebnisse dazu? Dann schreib sie gerne hier in die Kommentare! 

Accessibility Toolbar